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Informatik |
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UNIVAC und die beginnende Computerindustrie
Kurz nach dem 2. Weltkrieg waren nur wenige Menschen der Ansicht, dass elektronische Computer eine Zukunft haben würden. Insbesondere die den US-Markt beherrschenden Hersteller von Büromaschinen und konventionellen Datenverarbeitungsanlagen wie IBM und Remington Rand zeigten zunächst kein Interesse. In der neu gegründeten Firma von Eckert und Mauchly, den ENIAC-Entwicklern, waren jedoch alle überzeugt, dass elektronische Rechenanlagen "universal" sein können: also sowohl für wissenschaftlich-technische, wie für Wirtschafts- und Verwaltungsaufgaben sinnvoll einsetzbar sind (letzteres macht heute den weitaus größten Einsatzbereich aus).
Als 1951 die UNIVAC I dem Statistischen Bundesamt der USA übergeben wurde, läutete sie die Ära kommerzieller elektronischer Rechenanlagen ein und für einige Jahre wurde die Bezeichnung ‚UNIVAC‘ stellvertretend für alle Computer benutzt. Technisch gesehen basierte sie auf Vakuumröhren und ca. 18.000 Kristalldioden. Die Prozessorfrequenz lag bei 2,25 MHz, sie konnte 2 Zahlen in einer halben Millisekunde addieren oder 465 Multiplikationen pro Sekunde durchführen. Die eigentliche Revolution für die Anwendungswelt wurde aber mit den neuen Ein- und Ausgabegeräten geschaffen: statt Lochkarten übernahmen erstmals Magnetbänder die Speicherung von Ein-/Ausgabedaten sowie die Zwischenspeicherungen. Dies wurde schnell zum Standard für alle Computer.
Zum UNIVAC-System gehörten Konvertieranlagen von Lochkarten zu Magnetbändern und umgekehrt, Hochgeschwindigkeitsbandkopierer und nicht zuletzt ein für die Zeit sehr schneller Drucker. Die Kunden kauften die UNIVAC-Elemente je nach Bedarf. Sie konnten vorhandene Datenbestände problemlos auf die neuen Datenträger übertragen und so von deren Geschwindigkeit profitieren. Verwaltungen oder Firmen wie beispielsweise große US-Versicherungen mit 18 Millionen Policen und 2 Millionen Vorgängen pro Woche erkannten dies gleich. Für diese AnwenderInnen war entscheidend, dass ab sofort nicht mehr die eine zur Versicherungspolice gehördende Lochkarte je nach Auswertungsanforderung von einer Lochkartenmaschine zur nächsten getragen werden musste, ein sehr arbeitsintensiver und über viele Frauenhände gereichter Weg. Vielmehr hatte das "automatic" im Namen der UNIVAC einen Sinn: die UNIVAC mit ihrem "elektronischen Gehirn" "wusste", auf welcher Stelle eines Magnetbands sich der spezielle Datensatz zur benötigten Versicherungspolice befand und konnte die Daten durch Hin- und Herspulen hervorholen und verarbeiten. In diesem Sinne wurde die UNIVAC zum informationverarbeitenden System und nicht mehr nur zur Rechenanlage.
Entscheidend war nicht nur die Rechenleistung oder der Ersatz der Bürorechenmaschinen, sondern ebenso wichtig war der Ersatz der überwiegend weiblichen Arbeitskräfte, die diese Geräte bedient und untereinander verbunden hatten. Die Rationalisierung im Büro bekam einen neuen Schub.
Die Firma Remington Rand, die die UNIVAC-Produktion inzwischen aufgekauft hatte, unterschätzte jedoch den Aufwand an Schulung und Serviceleistung. Der neue Kundenkreis und die teilweise radikale Umstellung betrieblicher Arbeitsabläufe bei den Kunden verlangte intensive Beratung und weitere Veränderungen an den Computern. UNIVAC-AnwenderInnen und -EntwicklerInnen schufen zugleich mit neuen Programmierverfahren wichtige Grundlagen für das, was später Software genannt werden sollte.
1949 - bevor überhaupt eine Anlage fertiggestellt war - arbeiteten 134 MitarbeiterInnen der Eckert-Mauchley-Company bereits an sechs weiteren UNIVAC-Aufträgen. 1957 waren 47 UNIVACs installiert, in zwei Baureihen spezialisiert für wissenschaftliche sowie für kommerzielle Anwendungen. Der Schritt zu serienmäßig hergestellten Computern war vollzogen. Letztlich endete die Produktion in enormem finanziellen Erfolg. Einige UNIVACs wurden sogar weithin berühmt wie die UNIVAC 5, die 1952 bei der US-Präsidentschaftswahl aus Stichproben einen unerwarteten Sieg von Eisenhower korrekt vorhersagte. Die UNIVAC I wurde nach 12,5 Jahren (=73.000 Betriebsstunden) 1963 still gelegt.
In der UNIVAC-Entwicklung treffen wir viele Frauen, die bereits die Anfänge elektronischer Computer aktive begleitet hatten. Jean Bartik und Betty Holberton vom ENIAC-Projekt, Grace Hopper vom Mark I-Projekt. Wichtige Beiträge zur Programmierung lieferten Jean Sammet und Adele Mildred Koss. Die technische Beraterin beim NBS war Margret R. Fox. Und DIE Chronistin der UNIVAC ist Nancy Stern.
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