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Grace Murray Hopper 1906-1992
"Some of my most rewarding experiences have been in trying to do something in a new way." Den Blick zu öffnen für neue Ideen oder für andere Wege, dies kennzeichnet die Lebenshaltung von Grace Murray Hopper, der wohl berühmtesten US-amerikanischen Computerpionierin. Sie gilt als Entdeckerin der Computer-Bugs, ist die Erfinderin des Compilers sowie die ´geistige Mutter` von COBOL und war Admiralin der US-Navy.
Bevor Grace Hopper in die Rechnerwelt einstieg, hatte sie bereits eine Karriere als Mathematikerin beschritten: sie lehrte ab 1931 zwölf Jahre lang Mathematik am Vassar College, einem der ältesten Frauen-Colleges der USA, promovierte gleichzeitig in Yale und forschte am renommierten Courant Institute der New York University.
Da sie aus einer Familie mit tiefer militärisch-patriotischer Tradition kam, trat sie während des 2. Weltkriegs in die U.S. Naval Reserve ein und wurde 1944 dem Navy-Computerprojekt zum Bau der Mark I zugeordnet, der ersten programmierbaren Großrechenanlage der USA. Grace Hopper war die dritte Person überhaupt, die hier programmierte. Programmieren war höchst mühselig und erforderte mathematische sowie physikalisch-technische Kenntnisse. Nach Kriegsende bestätigte sie ihre neue Laufbahn und arbeitete mit an den Folgemodellen Mark II bzw. III.
Entgegen der damals herrschenden Ansicht war Grace Hopper schon Ende der vierziger Jahre von den breiten Anwendungsmöglichkeiten von Computern überzeugt. Als Voraussetzung dafür schien ihr jedoch anwendungsfreundliche Software unabdingbar zu sein. Sie wechselte 1949 in eine junge Computerfirma, mit der sie wenig später den ersten kommerziellen Computer UNIVAC I präsentieren konnte.
Die Nutzung der UNIVAC I brachte für die Geschichte der Programmierung zahlreiche bedeutsame Entwicklungen hervor - vor allem durch Grace Hopper selbst: Ende 1951 entwickelte sie das Konzept eines Programms, das Programmierkommandos in Maschinensprachencode umwandelte. Solch ein Compiler genanntes Übersetzungsprogramm wird vor der eigentlichen Programmausführung gestartet. Diese Idee bildete die Grundlage für Generationen von Programmiersprachen, nicht zuletzt auch für die Entwicklung von COBOL. Grace Hopper war die erste, die ein kaufmännisches Vokabular für die Datenverarbeitung anlegte, und sie entwickelte 1956 mit FLOW-MATIC die erste Programmiersprache, die für Daten und Befehle umgangssprachliche Worte (z.B. Compare, Replace, Price) verwandte. Diese Sprache bildete das zentrale Modell für die Definition von COBOL, der bis heute weltweit meist genutzten wirtschaftsorientierten Programmiersprache.
Grace Hopper übte bereits während ihrer Arbeit in der Computerindustrie zahlreiche Lehr- und Beratungstätigkeiten aus und hatte ausgezeichnete Kontakte zur Navy. Kurz nachdem sie im Alter von 60 Jahren den Reservedienst bei der Navy quittiert hatte, wurde sie wieder vorübergehend in den aktiven Dienst berufen: sie sollte die Standardisierung aller Computereinrichtungen der Navy koordinieren, insbesondere für die Navy COBOL standardisieren. Aus geplanten 6 Monaten wurden 20 weitere Jahre, in denen ihr der Navy-Dienst zuletzt per Sondergesetz ermöglicht wurde. 1973 wurde sie zur Captain ernannt und 1983 zur Konteradmiralin. Grace Hopper starb am 1. Januar 1992 im Alter von 85 Jahren und wurde mit militärischen Ehren in Arlington beerdigt. Noch bis zum Tod war sie als Industrieberaterin tätig gewesen.
Mehr als 90 Auszeichnungen ihrer Arbeit und Person wurden bereits zu Lebzeiten an Grace Hopper vergeben, darunter sind nicht weniger als 40 Ehrendoktorwürden, 10 militärische Auszeichnungen und zahlreiche Ehrungen durch Berufsorganisationen, vor allem im Informatik- und Ingenieursektor. Darüber hinaus würdigten verschiedene Frauenberufsorganisationen ihre Arbeit. Bereits 1964 erhielt sie von der Society of Women Engineers den 'Achievement Award' und 1983 von der Association of Women in Computing den 'Ada Lovelace Award'. In den USA wird seit 1994 die größte Tagungsserie von Frauen im Computerbereich nach ihr benannt: Grace Hopper Celebration of Women in Computing.
Es gibt nur wenige Personen in der Welt, an denen sich die frühe Computerentwicklung so lebensnah aufzeigen lässt wie an Grace Hopper. Ihr Lebensweg verdeutlicht dabei auch in vielfacher Hinsicht jene Verknüpfung von Computertechnik und Militär, die bis heute nicht nur in den USA bedeutsam ist. So eindeutig ihre fachlichen Leistungen sind, so umstritten bleibt damit die Person Grace Hopper.
Obwohl inzwischen durch neuere Forschungen immer offensichtlicher wird, dass Frauen (wie Männer) in militärischen Kontexten der Technikentwicklung tätig waren (und sind), fällt es vielen BeobachterInnen schwer, den Widerspruch zu den herrschenden Weiblichkeitsstereotypen zu akzeptieren. Zugegeben: Hoppers amerikanisch-patriotische Haltung ist hierzulande nicht einfach nachzuvollziehen. Ihr Handeln in militärischen Strukturen muss allerdings differenzierter betrachtet werden, denn in entscheidenden Situationen scheint ihr ihre eigene Macht nicht bewusst gewesen zu sein. Auch die militärische Männlichkeitssymbolik hatte für sie eine spezielle Bedeutung. Andererseits dürfte es ihr aufgrund ihrer militärischen Kontakte wesentlich leichter gefallen sein, in der Industrie viele der damaligen Restriktionen für Frauen zu überwinden.
In Bezug auf die gesellschaftlichen Wirkungen der Informatik stellen die Entwicklungsleistungen von Grace Hopper ein einprägsames Beispiel dar, dass auch wirtschafts- oder nutzungsorientierte Softwarekonzepte militärisch relevant werden können. Dies bleibt bis in die heutige Zeit übertragbar und kann für der Ausbildung von Informatikfachleuten kritische Anstöße bringen.
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