|
|
|
Informatik |
|
|
|
Wirtschaftsnahe Programmierung
Working with the people that I had worked with in data processing, I found that very few of them were symbol-oriented; very few of them were mathematically trained. They were business trained, and they were word-manipulators rather than mathematics people. - Grace Hopper
Obwohl bis 1955 weltweit über 100 verschiedene elektronische Computermodelle im Einsatz waren, wurde für kurze Zeit UNIVAC zum Synonym für kommerzielle elektronische Computer und das Symbol für das angebrochene Zeitalter der Automatisierung. Auch IBM als Marktführerin für Lochkartenverarbeitungssysteme hatte 1952 mit der IBM 701 einen speicherprogrammierbaren Computer fertig gestellt, doch bei IBM war dessen Potential nicht erkannt worden. Man vermied streng die Bezeichnung "computer", indem die 701 als "electronic data processing machine" eingeführt wurde - passend zur neuen IBM-Serie von "electric accounting machines", also den programmgesteuerten Lochkartenmaschinen.
Doch schon viele Jahre vor dem 2. Weltkrieg wurden Lochkartenverarbeitungssysteme und Rechenanlagen routinemäßig für (Massen)Datenverarbeitung im Wirtschafts- und Verwaltungsbereich eingesetzt. Von dieser Seite wurde daher nun ebenfalls zunehmender Rechnerbedarf angemeldet; nur dass hier nicht mathematische Problemstellungen im Vordergrund standen, sondern verwaltungs-technische wie z.B. schnelle Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Kundenlisten oder komfortable Datenein- und -ausgabe. Doch die hiermit befassten BuchhalterInnen, TabellierInnen oder Wirtschaftsfachleute mussten sich zunächst mit ausschließlich mathematisch-orientierten Programmiersprachen abmühen.
Grace Hopper gehörte zu den wenigen Personen aus einem Computerprojekt, die in der damaligen Zeit die potentielle Bedeutung der Computertechnologie für die nicht-mathematischen Anwendungen ernst nahm (auch Eckert und Mauchly sowie Zuse hatten dies bereits früher erkannt). Aber allein stand Hopper mit ihrer Einschätzung, dass diese Orientierung sich auch in der Programmiersprache spiegeln müsse. Ihrer Schlüsselidee - heute selbstverständlich - wollte sich niemand anschließen: Sie plä-dierte dafür, ähnlich dem mathematischen Vokabular (z.B. sin, cos, +, ...) ein kaufmännisches Vokabular für die Datenverarbeitung anzulegen, um Programme in einer Sprache zu schreiben, die der Umgangssprache nahe kämen. Dazu untersuchte sie mit ihrem Team über 500 Datenverarbeitungsprogramme und identifizierte daraus 30 Verben, die beschrieben, was die KundInnen in den betrieblichen Anwendungen eigentlich taten (z.B. Compare, Transfer, Replace). Dies sollten, vergleichbar der Mathematik, die Operatoren der Datenverarbeitung werden. Hopper wollte hiermit einen neuen Compiler entwickeln lassen: die B-Serie (B für 'business').
Um ihr Management bei Sperry Rand zu überzeugen, wurde zunächst ein Prototyp des B-0 Compilers entwickelt, der ein kleines Testprogramm ausführen sollte, das so begann: INPUT INVENTORY FILE A; PRICE FILE B; OUTPUT PRICED INVENTORY FILE C COMPARE PRODUCT #A WITH PRODUCT #B usw. Als besonderen Gag - denn man hatte so viel Geld wie noch nie für die weitere Entwicklung beantragt - hatte sich das Programmierteam dazu ein Programm einfallen lassen, das diese Zeilen Wort für Wort ins Französische und ins Deutsche übertrug. Wie fassungslos und erst recht misstrauisch die potentiellen Geldgeber reagierten, beschreibt Hopper sehr anschaulich: "What to us had been a simple (...) substitution of bit patterns, to management weŽd moved into the whole world of foreign languages, which was obviously impossible."
Der Antrag war also gescheitert, doch sie startete 1955 noch während der A-Serie auf eigene Faust eine B-Serie. Bereits 1956 war der B-0 Compiler fertiggestellt und damit die erste Programmiersprache, die für Daten und Befehle umgangssprachliche Worte benutzte. Sie wurde später umbenannt in FLOW-MATIC. Für Feldnamen standen immerhin 12 Stellen zur Verfügung, so dass ProgrammiererInnen fortan sprechendere Namen vergeben konnten (also statt zweistelliger Kürzel etwa Artikel, Lieferung, Rechnung), was die Lesbarkeit der Programmtexte enorm erhöhte. Auch wenn Hoppers Wunsch nach Benutzungsfreundlichkeit für alle AnwenderInnen niemals richtig aufging, so muss ihre Idee bezogen auf die damalige Zeit und mit den wenigen vorhandenen Mitteln als äußerst vorausschauend eingeschätzt werden.
|
|
|