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Frauen
Emmy Noether
1882-1935

Die Mathematikerin Emmy Noether zählt zu den BegründerInnen der modernen Algebra, deren Entwicklung die Mathematik seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts grundlegend veränderte und in der Folge die heutige Struktur der Informatik mit prägte.

Amalie Emmy Noether wurde am 23. März 1882 in Erlangen geboren. Ihre Erziehung entsprach der damals in einem gutbürgerlich-jüdischen Elternhaus üblichen. Sie besuchte die Höhere Töchterschule, wo sie mit 18 Jahren die Staatsprüfung zur Lehrerin für Englisch und Französisch ablegte. Für Mädchen gab es 1900 noch keine Gymnasien, so dass sie kein Abitur machen und sich nicht an Universitäten immatrikulieren konnten. Mit Erlaubnis von Dozenten konnten sie allerdings als Gasthörerinnen teilnehmen. Noethers Vater war Mathematikprofessor an der Universität Erlangen, so konnte sie dort problemlos Vorlesungen in Mathematik, Romanistik und Geschichte besuchen. Parallel bereitete sie sich als Privatstudierende auf das Abitur vor, das sie 1903 ablegte. Im selben Jahr durften sich Frauen mit Abitur erstmals in bayrischen Universitäten immatrikulieren. Emmy Noether zog es jedoch vor, als Gasthörerin an die Universität Göttingen zu wechseln, die damals das bedeutendste mathematische Zentrum in Deutschland war. Doch sie wurde krank und musste bald nach Erlangen zurückkehren. Dort schloss sie 1907 ihr Mathematikstudium mit einer Doktorarbeit zur Invariantentheorie ab. Sie blieb weiter am Mathematischen Institut in Erlangen, forschte und lehrte, allerdings ohne Anstellung oder Vertrag. In diesen Jahren begann ihre Beschäftigung mit der abstrakten Algebra. 1909 wurde sie in die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV) aufgenommen und hielt auf deren Jahrestagung als erste Frau einen Vortrag.

Ab 1913 intensivierte sie ihre Kontakte nach Göttingen zu den Mathematikern Felix Klein und David Hilbert, die sie als Spezialistin der Invariantentheorie 1915 zu einem Forschungsaufenthalt einluden. Die Zusammenarbeit war so fruchtbar, dass sie blieb. Mit Unterstützung von Klein und Hilbert stellte sie einen Antrag auf Habilitation, um eine eigene Lehrbefugnis zu erhalten. Doch an preußischen Universitäten war dies nur Männern erlaubt, eine Ausnahme lehnte das Ministerium ab. Erst mit der Weimarer Verfassung wurden in Deutschland gleiche Rechte für Frauen verankert, so dass Frauen die Habilitation nicht mehr verweigert werden konnte. Noethers Habilitationsschrift wurde 1919 angenommen und im selben Wintersemester konnte sie als Privatdozentin erstmals eine Vorlesung unter eigenem Namen anbieten. Mit ihrer 1921 veröffentlichten Arbeit "Idealtheorie in Ringbereichen" erregte sie international Aufsehen und schuf die Grundlagen der heute allgemeinen Idealtheorie. Doch ihr beruflicher Status änderte sich nicht, denn Diskriminierungen richteten sich nicht nur gegen sie als Frau, sondern auch weil sie Jüdin, Sozialdemokratin und Pazifistin war.

1922 wurde sie zur "außerordentlichen" Professorin ernannt, ein Titel ohne Besoldung. Bis dahin war sie von Eltern und ihren drei Brüdern finanziell unterstützt worden, doch der Tod ihres Vaters (1921) brachte sie in große Schwierigkeiten. Hierauf wurde ihr im Jahre 1923, immerhin im 41. Lebensjahr, erstmals ein Lehrauftrag und damit eine Vergütung erteilt. Sie lebte weiterhin in sehr bescheidenen Verhältnissen. 1928/29 nahm sie eine Gastprofessur in Moskau an, 1930 folgte ein Aufenthalt in Frankfurt. Auf dem Internationalen Mathematischen Kongreß in Zürich 1932 wurde sie zu einem Hauptvortrag eingeladen und im selben Jahr erhielt sie den renommierten Ackermann-Teubner-Gedächtnispreis - zum Mitglied der Göttinger Gesellschaft für Wissenschaften wurde sie nie gewählt.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde ihr wie vielen jüdischen KollegInnen 1933 die Lehrbefugnis entzogen. Auf Drängen von Freunden emigrierte sie Ende 1933 in die USA und nahm eine Gastprofessur am renommierten Bryn Mawr Frauencollege an. Zugleich hielt sie Vorlesungen im nahegelegenen Institute for Advanced Studies in Princeton. Der Gaststatus wurde verlängert, aber im April 1935 starb Emmy Noether unerwartet an den Folgen einer Operation.

Noethers Einfluss auf die moderne Mathematik lässt sich nur verstehen, wenn auch ihr persönliches Auftreten, ihre Fähigkeiten andere zu inspirieren und zu fördern, berücksichtigt wird. Sie versammelte in den Göttinger Jahren eine Gruppe von engagierten MathematikerInnen um sich - die sog. "Noether-Schule", die von einer gemeinsamen Auffassung der Mathematik getragen wurde. Ihre einzige Doktorandin war die Bremerin Grete Henry-Herrmann. Ihre internationalen Doktoranden und Seminarbesucher bildeten damals die mathematische Avantgarde. Auch die später für die Informatik bedeutenden Mathematiker John von Neumann und Norbert Wiener zählten zu ihren Gästen.

Emmy Noether leistete grundlegende Arbeiten zur Abstrakten Algebra. Ihre Auffassung von Mathematik war sehr nützlich für die damalige Physik, aber wurde auch kontrovers diskutiert. Die Debatte ging darum, ob Mathematik eher konzeptuell und abstract (intuitionistisch) oder mehr physikalisch basiert und angewandt (konstruktionistisch) sein sollte. Noethers konzeptuelle Auffassung der Algebra führte zu neuen Grundlagen, die Algebra, Geometrie, Lineare Algebra, Topologie und Logik vereinheitlichten. Dies bildet nicht zuletzt die Basis wichtiger Zugangsweisen zur Informatik.